Wenn der Suhrkamp-Verlag seine aktuelle Ausgabe der Übersetzung von Roland Barthes’ Mythen des Alltags (2012) mit der Behauptung bewirbt, dass diese „längst selbst zum Mythos geworden“ seien, so kann man sowohl aus einem semiologischen als auch aus einem metaphorologischen Blickwinkel vermuten, dass hier eine Übertragung stattgefunden haben muss. Dass nach dem Tod des Autors – hier dem ganz unmetaphorischen von 1980 – sein Projekt einer Mythen-Lektüre selbst hat mythisch werden können, kann als Erfolg desselben verbucht werden; hatte Barthes doch seinerzeit festgelegt, dass „alles, wovon ein Diskurs Rechenschaft ablegen kann, Mythos werden [kann]. Der Mythos wird nicht durch das Objekt seiner Botschaft definiert, sondern durch die Art und Weise, wie er diese ausspricht.“ Übertragen auf ihn selbst bedeutet das, dass die Botschaft, die er bspw. 1956 als Le mythe aujourd’hui versendet hat, nicht ihrem Gehalt, sondern ihrer Form nach, mythische Züge angenommen haben könnte. Im Übertritt vom ersten zum sekundären semiologischen System hat das Wie der Mythologie sich gewandelt: dieser bestimmte Mythos Mythologie trägt nunmehr die Konnotationen und Evokationen, Verheißungen und Methodologien, Bilder und Metaphern an sich, die sich im Zuge der Rezeption um Roland Barthes selbst gruppiert haben. Wenn der Mythologe heute Mythos ist, was bedeutet das für den Mythos heute? ... Dieser Frage und der ihr vorangegangenen Bedeutungsstiftung nachzugehen, hat sich die zweite Ausgabe von Bildbruch. Beobachtungen an Metaphern verschrieben. Mit anhaltender Aufmerksamkeit auf das Wie unternehmen es die hier versammelten Beiträge, die Mythen der Moderne und der Gegenwart in ihren Bedeutungen nachzuzeichnen. Das Überschüssige, Uneigentliche, Unausgesprochene, das diesen Mythen eigen ist, lässt in der ständigen Rücksicht auf die Übertragungsleistungen, die ihnen vorausgehen und sie konstituieren, nicht zuletzt nach ihrem Verhältnis zu Metapher und Katachrese fragen: Die suggestive Kraft, die die Dinge des alltäglichen Umgangs ein diffuses Mehr sagen lässt, als sie bedeuten, operiert in ähnlicher Weise wie die Tropen der Übertragung und Ersetzung, und erfordert in ähnlichem Maße, die Prozesse ihrer Zuweisung und Genese wie auch ihrer Abnutzung und Verschleifung zu beschreiben. Mythologie und Metaphorologie fragen beide nach einem Wie der Bedeutung, das auf Umwege gerät und dessen Funktion sich nur im Historischen zeigen kann. |